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CapCut-Ärger um neue „Terms of Service“: Hier lauern rechtliche Risiken

Die beliebte Videobearbeitungs-App CapCut des Unternehmens ByteDance, zu dem auch TikTok gehört, hat am 12. Juni 2025 ihre Nutzungsbedingungen aktualisiert.
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Die beliebte Videobearbeitungs-App CapCut des Unternehmens ByteDance, zu dem auch TikTok gehört, hat am 12. Juni 2025 ihre Nutzungsbedingungen aktualisiert. Diese sehen nun eine umfassende Rechteübertragung vor, was zu anhaltender Kritik von Juristen und in der Öffentlichkeit geführt hat. Wir beleuchten die damit verbundenen rechtlichen Risiken für Verantwortliche.

Die neuen CapCut-Nutzungsbedingungen im Überblick

CapCut hat seine Nutzungsbedingungen mit Wirkung vom 12. Juni 2025 umfassend überarbeitet und sich nun weitreichende Rechte an sämtlichen von Nutzern hochgeladenen Inhalten gewährt. Die sogenannten „Terms of Service” beinhalten insbesondere eine unbefristete, weltweite, gebührenfreie, unwiderrufliche Lizenz zur Nutzung, Bearbeitung, Verbreitung, öffentlichen Zugänglichmachung und Verwertung dieser Inhalte. Diese Regelung gilt unabhängig davon, ob die Inhalte veröffentlicht wurden oder lediglich innerhalb der App gespeichert sind.

Besonders kritisch ist, dass CapCut sich das Recht einräumt, biometrische Merkmale, insbesondere Gesichtserkennung und Stimmmuster, für beliebige kommerzielle Zwecke zu verwenden. Dies schließt beispielsweise die Nutzung in Werbung oder algorithmischen Empfehlungsmechanismen ein, ohne dass hierfür eine separate Einwilligung eingeholt werden muss.

Ein weiteres Problem stellt die sogenannte Persistenzklausel dar. Selbst im Falle einer Kontolöschung bleiben die zuvor eingeräumten Nutzungsrechte bestehen. Nutzer können somit die Kontrolle über ihre Inhalte dauerhaft verlieren, ohne die Möglichkeit zu haben, diese Rechte nachträglich einzuschränken oder zu widerrufen.

Darüber hinaus behalten sich die AGB vor, sämtliche Inhalte und damit verbundene Metadaten mit anderen Angeboten des Mutterkonzerns ByteDance, insbesondere TikTok, zu verknüpfen. Dabei ist vorgesehen, dass personenbezogene Daten aus verschiedenen Anwendungen zusammengeführt und automatisiert ausgewertet werden dürfen. Diese Verknüpfung könnte einen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung darstellen und weitere Risiken im Hinblick auf Profilbildung, automatisierte Entscheidungen und internationale Datenflüsse begründen.

Die Gesamtkonstruktion der neuen Nutzungsbedingungen schafft einen riskanten Rahmen, insbesondere für Nutzer aus der EU, deren Daten unter dem Schutz der DSGVO stehen. Im nächsten Abschnitt werden diese Aspekte im Einzelnen rechtlich gewürdigt.

Datenschutzrechtliche Bewertung der CapCut-AGB

  1. Rechtmäßigkeit der Verarbeitung (Art. 6 DSGVO)
    Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch CapCut bedarf einer tragfähigen Rechtsgrundlage. Die pauschale Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen könnte die Anforderungen an eine informierte Einwilligung gemäß Art. 7 DSGVO nicht erfüllen. Insbesondere wenn Nutzer über den Umfang, die Empfänger und die Risiken unzureichend aufgeklärt werden.

  2. Verstoß gegen den Grundsatz der Zweckbindung (Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO)
    Die uneingeschränkte Weiterverwertung von Inhalten, auch für Dritte und Werbezwecke, könnte im Widerspruch zur Zweckbindung stehen. Denn eine spätere Nutzung außerhalb der ursprünglichen Bearbeitungsabsicht ist nicht gedeckt, sofern keine klare Einwilligung vorliegt.

  3. Profiling und automatisierte Entscheidungsfindung (Art. 22 DSGVO)
    Die Möglichkeit der Verknüpfung mit anderen ByteDance-Produkten könnte ein hohes Maß an Profilbildung implizieren. Insbesondere bei Nutzern, die auch TikTok oder ähnliche Plattformen verwenden. Ohne spezifische Information und Widerspruchsmöglichkeit könnte ein Verstoß gegen Art. 22 DSGVO vorliegen.

  4. Transparenzpflichten (Art. 13/14 DSGVO)
    Die von CapCut bereitgestellten Informationen zur Datenverarbeitung könnten die Anforderungen der Artikel 13 und 14 DSGVO nicht erfüllen. Gefordert sind klare Angaben zu Empfängern, Drittstaatentransfers und Speicherdauer.

  5. Recht auf Löschung (Art. 17 DSGVO)
    Die Klausel, die CapCut die weitere Verwendung von Inhalten auch nach Löschung des Nutzerkontos erlaubt, könnte dem in Art. 17 DSGVO verankerten Recht auf Löschung entgegenstehen, sofern keine gesetzliche Aufbewahrungspflicht oder ein legitimes Interesse nachgewiesen wird.

  6. Datenschutz-Folgenabschätzung (Art. 35 DSGVO)
    In Fällen, in denen CapCut systematisch im Unternehmenskontext verwendet wird (z. B. für Social-Media-Marketing, Videokommunikation oder E-Learning), kann eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) erforderlich sein. Dies gilt insbesondere bei umfassender Verarbeitung von Bild- und Tonaufnahmen in Verbindung mit biometrischen Daten.

Risiken für Organisationen und Unternehmen

CapCut könnte nicht nur für einzelne Nutzer ein Risiko darstellen, sondern auch für Organisationen, Unternehmen sowie öffentliche und Bildungseinrichtungen ein datenschutzrechtliches Gefährdungspotenzial entfalten. Die Implikationen der Nutzung betreffen dabei sowohl die interne Verarbeitung als auch externe Kommunikationsmaßnahmen, etwa im Rahmen von Marketingkampagnen oder digitaler Bildungsinhalte.

Nutzung im Unternehmensumfeld

Die Verwendung von CapCut im Unternehmenskontext, etwa zur Produktion von Employer-Branding-Videos, Social-Media-Clips oder internen Tutorials, könnte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Besonders kritisch ist die Einbindung von Beschäftigtendaten, insbesondere wenn Mitarbeitende gefilmt oder deren Stimmen aufgenommen werden.

  • Es besteht die Gefahr der unzulässigen Übermittlung personenbezogener Daten, insbesondere gemäß Art. 88 DSGVO i. V. m. § 26 BDSG bei Beschäftigtendaten.
  • Die automatisierte Analyse und Profilbildung durch ByteDance kann dazu führen, dass Unternehmensinhalte in völlig anderen Kontexten erscheinen, was insbesondere im Bereich der Reputationskontrolle problematisch ist.
  • Da CapCut keine vertragliche Grundlage im Sinne eines Auftragsverarbeitungsvertrags (Art. 28 DSGVO) bietet, ist die Verantwortlichkeit vollständig beim Unternehmen angesiedelt.
  • Selbst nach Löschung der App oder des Accounts verbleiben Inhalte und personenbezogene Daten im Einflussbereich des Anbieters. Ein klarer Kontrollverlust für datenverantwortliche Stellen.

Schule & Bildung

In pädagogischen Kontexten wird CapCut häufig aufgrund seiner einfachen Bedienung und kreativen Gestaltungsmöglichkeiten eingesetzt. Dabei wird jedoch vielfach übersehen, dass bei der Nutzung durch Schüler regelmäßig personenbezogene Daten verarbeitet werden, teilweise auch besondere Kategorien wie biometrische Merkmale (z. B. Gesichtsaufnahmen).

  • Lehrkräfte und Einrichtungen, die CapCut empfehlen oder vorschreiben, setzen sich einem erheblichen Haftungsrisiko aus.
  • Bildungsinhalte, die über CapCut erstellt und gespeichert werden, könnten durch ByteDance analysiert und für eigene Zwecke weiterverwendet werden, ohne dass die Bildungseinrichtungen dies verhindern oder kontrollieren können.


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Urheberrechtliche Bewertung der CapCut-Nutzungsbedingungen

Die Nutzungsbedingungen von CapCut bergen neben datenschutzrechtlichen auch urheberrechtliche Risiken, die vor allem dann relevant werden, wenn urheberrechtlich geschützte Inhalte über die Plattform verarbeitet, gespeichert oder verbreitet werden.

Die AGB von CapCut sehen eine umfassende Lizenzierung der Nutzerinhalte an ByteDance vor. Dies betrifft die Rechte zur Vervielfältigung, Verbreitung, Öffentlichmachung und Bearbeitung. Dabei wird nicht zwischen privaten und professionellen Inhalten sowie zwischen urheberrechtlich relevanten und rein persönlichen Beiträgen unterschieden. Problematisch ist dies insbesondere aus folgenden Gründen:

  • Exklusivitätsverlust: Die Rechteeinräumung erfolgt nicht-exklusiv, jedoch potenziell unbefristet und unwiderruflich. Das kann insbesondere bei kommerzieller Weiternutzung durch ByteDance dem wirtschaftlichen Interesse des Urhebers widersprechen.
  • Bearbeitungsrecht: Die AGB enthalten eine Zustimmung zur Bearbeitung, was bei kreativen Leistungen (z. B. Musik, Grafik, Videobearbeitung) zu einer Entstellung im Sinne von § 14 UrhG führen kann.
  • Fehlende Beschränkung auf eigene Inhalte: Die Nutzungsbedingungen verlangen keine Bestätigung, dass der Uploader auch Rechteinhaber ist oder über entsprechende Nutzungsrechte verfügt. Hier drohen Haftungsrisiken für Drittinhalte.


Die urheberrechtlichen Klauseln in den CapCut-AGB führen zu einer weitgehenden Entäußerung der Kontrolle über kreative Inhalte. Nutzer sowie Institutionen, die CapCut einsetzen, müssen sich der wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen bewusst sein. Eine Nutzung ist daher nur vertretbar, wenn ausschließlich eigene, frei verwendbare Inhalte verarbeitet werden und auf wirtschaftliche oder exklusive Nutzungsansprüche verzichtet wird.

Das sagt CapCut zu den neuen Nutzungsbedingungen

CapCut hat sich nach der anhaltenden Kritik in einem Blog-Beitrag geäußert: “Im Zuge der Aktualisierung gab es einige Verwirrung hinsichtlich der bereits bestehenden rechtlichen Formulierungen in unseren Nutzungsbedingungen zum Thema benutzergenerierte Inhalte. Einige Personen befürchten, dass CapCut dadurch weitreichende Rechte zur Nutzung oder Monetarisierung Ihrer Inhalte oder Ihres Abbilds ohne Ihre Zustimmung erhält. Dies ist nicht der Fall…”.

Der Anbieter versucht die Änderungen wie folgt zu erklären:

  • CapCut benötige die Erlaubnis, Inhalte auf der Plattform zu „speichern, formatieren und anzeigen“, anderen Community-Mitgliedern zu gestatten, geteilte Vorlagen „anzupassen, zu ändern“ oder „abgeleitete Werke“ davon zu erstellen, sowie Inhalte durch Herunterladen oder Teilen „zu übertragen oder zu verbreiten“.
  • Begriffe wie „unwiderruflich” und „unbegrenzt” werden verwendet, da wir, sobald Inhalte (z. B. Vorlagen) geteilt und von anderen genutzt werden, nicht jede einzelne Wiederverwendung oder Neukombination auf der Plattform oder im Internet rückgängig machen können. Dies soll dazu beitragen, dass die Plattform konsistent funktioniere.

Rechtliche Überprüfung der CapCut-AGB

Führende Datenschutz-Experten sehen das allerdings anders. „Wer Videos mit der TikTok-Software Capcut schneidet, verliert Rechte und riskiert Haftung“, erklärt Rechtsanwalt Chan-jo Jun. Seine Kanzlei hat den CapCut-Anbieter Bytedance bereits abgemahnt. „Die Formulierung ist sehr weitreichend“, so Jun. Deshalb soll Bytedance rechtsverbindlich erklären, dass sie sich diese weitreichenden Nutzungsbedingungen gar nicht haben einräumen lassen und keine Nutzungsrechte in Anspruch nehmen, die über das hinausgehen, was zwingend zur Nutzung erforderlich ist.

Wünschenswert wäre es jedenfalls, wenn CapCut die Nutzungsbedingungen noch einmal aktualisiert und Unklarheiten beseitigt.

Quelle: CapCut, Terms of Service, Last updated: June 12, 2025

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