Wenn Unternehmen offene Forderungen an Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa melden, sollten sie sehr genau vorgehen: Denn lassen sich Haupt- und Nebenforderung nicht klar voneinander trennen, kann eine unzulässige Datenübermittlung vorliegen – und damit ein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Das hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht entschieden (Az.: 17 U 2/24).
Negativeintrag bei der Schufa
Ein Mann wandte sich gegen eine Negativmeldung eines Inkassounternehmens bei der Schufa. Die gemeldete Forderung resultierte aus einem Stromliefervertrag, der wegen Zahlungsrückständen fristlos gekündigt worden war. Die Forderung umfasste jedoch auch Nebenforderungen wie Mahn- und Überweisungsgebühren, deren Rechtsgrund streitig war. Zudem bestritt der Kläger, jemals eine ordnungsgemäße Unterrichtung über die Einmeldung erhalten zu haben.
Mit seiner Klage vor dem Landgericht (LG) Kiel verlangte der Mann unter anderem die Löschung des Negativeintrags bei der Schufa und mindestens 5.000 Euro Schmerzensgeld nach Art. 82 DSGVO. Das LG sprach ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zu und verpflichtete das Inkassounternehmen, den Negativeintrag gegenüber der Schufa zu widerrufen. Das Inkassounternehmen legte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein.
Auskunft für Scorewert-Ermittlung muss korrekt sein
Das OLG prüfte insbesondere die rechtlichen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit von Schufa-Meldungen:
Nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur rechtmäßig, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt, das nicht die Interessen der betroffenen Person überwiegt. Diese Abwägung wurde unter Berücksichtigung der Kriterien des § 31 Abs. 2 BDSG vorgenommen.
Hierzu stellt das Schleswig-Holsteinische OLG fest: „Die Information über eine nicht vertragsgemäß abgewickelte fällige Forderung ist aber in ähnlicher Weise schutzrelevant wie die Ermittlung eines Scorewertes. Bei Scorewerten handelt es sich ebenfalls um sensible Informationen über eine Person, die Auskunft über ihre Zahlungsfähig- bzw. Zahlungswilligkeit geben. Zudem ergibt sich bereits aus dem Zweck des § 31 BDSG, der den Wirtschaftsverkehr bei Scoring und Bonitätsauskünften schützen soll, und aus dem Fehlen einer gesonderten Regelung zur Übermittlung der personenbezogenen Daten, dass der Gesetzgeber stillschweigend voraussetzt, dass nur Forderungen, die den Anforderungen des § 31 Abs. 2 BDSG entsprechen, berechtigt übermittelt und für die Ermittlung von Scorewerten verwendet werden.“
Das Gericht stellte klar, dass Nebenforderungen wie Mahngebühren oder Verzugskosten nicht den gleichen Rückschluss auf die Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswilligkeit eines Schuldners zulassen wie die Hauptforderung. Die Einmeldung einer Forderung, die solche Positionen umfasst und nicht eindeutig auf die Hauptforderung beschränkt ist, sei unrechtmäßig.
Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BDSG muss der Schuldner außerdem vor einer Einmeldung über eine mögliche Meldung an die Schufa informiert werden. Da auch der Zugang der entsprechenden Mahnungen nicht nachgewiesen werden konnte, war die Meldung rechtswidrig.
Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO
Obwohl der Eintrag rechtswidrig war, sah das Gericht einen immateriellen Schaden nicht als hinreichend erwiesen an. Der Kläger habe nicht plausibel darlegen können, dass die Eintragung kausal für die Ablehnung des Vertragsabschlusses oder für Bonitätsprobleme gewesen sei.
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Bedeutung des Schufa-Urteils
Das Urteil verschärft die Anforderungen an Unternehmen bei der Übermittlung von Daten an Wirtschaftsauskunfteien. Hervorzuheben sind insbesondere folgende Punkte:
- Strengere Prüfpflichten bei der Forderungszusammensetzung
Unternehmen müssen sicherstellen, dass nur solche Forderungen gemeldet werden, die Rückschlüsse auf die Bonität zulassen. - Dokumentationspflichten bei der Meldung
Der Erhalt von Hinweisen auf eine mögliche Anmeldung muss sorgfältig dokumentiert werden, da andernfalls die Anmeldung anfechtbar ist. - Einfluss der Verjährung
Die fortlaufende Meldung von Forderungen, die bereits verjährt sind, ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig, da hierdurch die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen erheblich beeinträchtigt werden.
Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts stellt eine wichtige Leitentscheidung dar, die Unternehmen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit personenbezogenen Daten und einer genauen Beachtung der DSGVO und des BDSG anhält. Es zeigt, dass das Datenschutzrecht nicht nur dem Schutz der Betroffenen dient, sondern auch die Anforderungen an die Wirtschaftsakteure präzisiert.
Quelle: Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts Az.: 17 U 2/24 vom 24.11.2024