In dem Verfahren vor dem OLG Hamburg ging es insbesondere um die Frage, ob ein Kündigungsbutton auch auf der Plattform eines Vertragsvermittlers wie Verivox angeboten werden muss. Darüber hinaus hat das Gericht die Anforderungen an die Formulierung des Kündigungsbuttons präzisiert. Welche Bedeutung das Urteil für Unternehmen hat, die Dauerschuldverhältnisse anbieten.
Verbraucherzentrale klagt wegen Kündigungsbutton
Der Kläger, der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzbv), klagte gegen ein Energieunternehmen, das Verbrauchern auf zwei verschiedenen Plattformen den Abschluss von Strom- und Gaslieferverträgen ermöglichte. Beanstandet wurden folgende Punkte:
- Auf der Plattform „verivox.de“ war keine deutlich erkennbare Kündigungsschaltfläche vorhanden, die es dem Verbraucher ermöglicht, den Vertrag online zu kündigen.
- Auf der Plattform „lichtblick.de“ war zwar eine Schaltfläche für die Kündigung vorhanden, diese trug jedoch die Bezeichnung „Kündigungsabsicht abschicken“, was nach Auffassung des Klägers nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
Rechtliche Anforderungen nach § 312k BGB
Nach § 312k BGB müssen Unternehmen, die auf ihrer Website den Abschluss von Verträgen ermöglichen, eine deutlich erkennbare Kündigungsmöglichkeit in Form eines so genannten „Kündigungsbuttons“ anbieten. Diese Verpflichtung stellt sicher, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die einen Vertrag online abgeschlossen haben, diesen auch online kündigen können. An den Kündigungsbutton werden folgende Anforderungen gestellt
Unmittelbare Erreichbarkeit:
Der Verbraucher muss bei Betätigung des Kündigungsbuttons unmittelbar auf eine Bestätigungsseite geführt werden, auf der er die Kündigung erklären kann.
Klare Beschriftung:
Sowohl der Kündigungsbutton als auch der Bestätigungsbutton auf der Folgeseite müssen klar und unmissverständlich beschriftet sein, um dem Verbraucher zu signalisieren, dass die Kündigung unmittelbar erfolgt. Die Formulierung „Jetzt kündigen“ wird als Standard angesehen; alternativ sind nur Formulierungen zulässig, die die gleiche eindeutige Bedeutung haben.
Lese-Tipp: FTC erlässt „Click-to-Cancel“-Regel
Entscheidungsgründe des OLG Hamburg zum Kündigungsbutton
Das Gericht gab dem Kläger in beiden Punkten recht und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung der beanstandeten Handlungen. Die zentralen Punkte der Entscheidung (5 UKI 1/23):
- Fehlende Kündigungsschaltfläche auf der Plattform verivox.de
Das Gericht stellte fest, dass die Verpflichtungen nach § 312k BGB auch dann greifen, wenn der Vertrag auf einer Drittplattform abgeschlossen wird, solange der Unternehmer durch das Betreiben der Seite die Bedingungen für einen Vertragsabschluss schafft. Die Beklagte konnte sich nicht erfolgreich darauf berufen, dass die Plattform von einem Dritten betrieben wird. Entscheidend ist vielmehr, dass der Verbraucher den Vertragsschluss auf dieser Plattform beginnt. Das Gericht wies auf die Verpflichtung hin, auch auf der Drittplattform eine Kündigungsschaltfläche vorzusehen.„Hiernach ist die sog. Kündigungsschaltfläche gem. § 312k Abs. 1 und 2 BGB auf der Webseite anzubringen, ‚über die‘ den Verbrauchern ermöglicht wird, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr abzuschließen. Dabei handelt es sich zumindest auch um die Webseite, auf der der Verbraucher aus seiner Sicht den Bestellprozess beginnt“, so das OLG.
- Unklare Formulierung der Kündigungsschaltfläche auf der Plattform lichtblick.de
Die Beschriftung „Kündigungsabsicht abschicken“ genügte nach Ansicht des Gerichts nicht den Anforderungen des § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BGB. Diese Formulierung könnte beim Verbraucher den Eindruck erwecken, dass die Kündigung noch nicht endgültig erklärt wird. Das Gericht stellte klar, dass der Verbraucher durch eine eindeutige Beschriftung unmissverständlich darauf hingewiesen werden muss, dass die Betätigung der Schaltfläche unmittelbar zur Kündigung des Vertrages führt.„Die Schaltfläche darf nur mit den Worten „jetzt kündigen“ oder einen entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Es gelten rigide Maßstäbe und der sprachliche Spielraum für den Unternehmer ist sehr schmal. Problematisch erscheinen Formulierungen, die das Wort ‚jetzt‘ nicht enthalten. Nicht zulässig erscheinen zudem Formulierungen, die die Endgültigkeit der Betätigung des Kündigungsbuttons teilweise falsch suggerieren, wie ‚Wirklich kündigen?‘ oder ‚Kündigungsprozess abschließen‘“, schreibt das OLG in seinem Urteil.
Bedeutung des Urteils für Unternehmen
Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Unternehmen, die Dauerschuldverhältnisse über digitale Kanäle anbieten. Die wichtigsten Auswirkungen:
- Eindeutige Bereitstellung der Kündigungsschaltfläche
Unternehmen müssen sicherstellen, dass auf jeder Plattform, auf der ein Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossen werden kann, eine Kündigungsschaltfläche leicht zugänglich und jederzeit verfügbar ist. Dies gilt selbst dann, wenn die Plattform nicht vom Unternehmen selbst, sondern von einem Dritten betrieben wird. Unternehmer sind in der Pflicht, vertragliche Vereinbarungen mit Drittanbietern so zu gestalten, dass alle Anforderungen des § 312k BGB erfüllt werden.
- Klare und verständliche Formulierungen
Die Formulierung der Kündigungs- und Bestätigungsschaltflächen muss eindeutig und für den Verbraucher verständlich sein. Bezeichnungen wie „jetzt kündigen“ sind zwingend, und alternative Formulierungen dürfen keinerlei Unklarheit über die Rechtsfolgen der Kündigungsschaltfläche lassen. Unternehmen haben nur wenig Spielraum in der Wahl der Formulierungen. - Haftungsrisiken und Compliance
Verstöße gegen die Anforderungen des § 312k BGB können empfindliche Ordnungsgelder zur Folge haben, wie sie im vorliegenden Fall mit bis zu 250.000 € pro Zuwiderhandlung festgesetzt wurden. Unternehmen sollten ihre Vertragsstrecken und die darauf befindlichen Kündigungsmöglichkeiten regelmäßig auf Konformität überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Fehlende oder unklare Kündigungsschaltflächen können nicht nur rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sondern auch das Vertrauen der Kunden nachhaltig beeinträchtigen.
Das Urteil verdeutlicht die rigiden Anforderungen an Kündigungsmöglichkeiten im elektronischen Geschäftsverkehr und setzt klare Maßstäbe für die Ausgestaltung von Kündigungsbuttons. Für Unternehmen, die Vertragsabschlüsse über das Internet anbieten, ist es unerlässlich, diesen gesetzlichen Vorgaben genau nachzukommen, um das Risiko von Abmahnungen und Sanktionen zu vermeiden. Eine genaue Prüfung und ggf. Anpassung der digitalen Vertragsstrecken ist daher unerlässlich.
Quelle: Urteil OLG Hamburg 5 UKI 1/23