Am 23. April 2025 hat die Europäische Kommission ihre ersten beiden Sanktionsentscheidungen wegen Verstößen gegen den Digital Markets Act (DMA) getroffen. Gegen die US-amerikanischen Technologiekonzerne Apple und Meta wurden Geldbußen in Höhe von 500 Millionen Euro bzw. 200 Millionen Euro wegen verschiedener Verstöße gegen die DMA-Vorschriften verhängt. Diese Entscheidungen sind ein wichtiger Meilenstein bei der Durchsetzung des neuen europäischen Rechtsrahmens zur Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen im digitalen Binnenmarkt.
Verstoß von Apple gegen das Anti-Steering-Gebot
Gemäß Art. 5 Abs. 4 des Digital Markets Act (DMA) sind Gatekeeper verpflichtet, App-Entwicklern die Möglichkeit zu geben, Verbraucher kostenlos über alternative Kaufmöglichkeiten außerhalb der vom Gatekeeper kontrollierten Plattformen zu informieren. Diese Verpflichtung umfasst auch das Recht der App-Entwickler, die Verbraucher auf ihre eigenen Websites oder alternative Bezahldienste zu verweisen und sie über etwaige günstigere Bedingungen im Vergleich zu den Angeboten innerhalb der Plattform zu informieren.
Im Fall von Apple stellte die Kommission fest, dass das Unternehmen dieser Verpflichtung nicht nachgekommen war. Apple hatte in seinem App Store technische Beschränkungen implementiert, die es App-Entwicklern faktisch unmöglich machten, die Nutzer über Alternativen außerhalb der App Store-Infrastruktur zu informieren. So durften Entwickler in ihren Apps weder direkte Links zu externen Angeboten einbauen noch alternative Bezahlmethoden bewerben. Zudem wurden kommerzielle Vorgaben gemacht, die die Wettbewerbsfähigkeit externer Angebote erheblich beeinträchtigten.
Diese restriktive Praxis hatte zur Folge, dass Verbraucher nicht umfassend über alternative, möglicherweise günstigere Angebote informiert und somit in ihrer Wahlfreiheit eingeschränkt wurden. Die Kommission betonte, dass solche Beschränkungen mit den Grundprinzipien des DMA unvereinbar sind, das gerade darauf abzielt, den Marktzugang zu öffnen und die Abhängigkeit von marktbeherrschenden Plattformen zu verringern.
Apple wurde im Rahmen des Verfahrens Gelegenheit gegeben, die objektive Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit seiner Kontrollbeschränkungen darzulegen. Das Unternehmen konnte jedoch nicht nachweisen, dass die Beschränkungen beispielsweise aus Sicherheitsgründen oder anderen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses erforderlich sind. Angesichts dieser Feststellungen ordnete die Kommission an, dass Apple die bestehenden technischen und kommerziellen Beschränkungen unverzüglich aufhebt und künftig von der Einführung ähnlicher Beschränkungen mit demselben Zweck oder derselben Wirkung absieht.
500 Millionen Euro Bußgeld gegen Apple
Die Europäische Kommission hat gegen Apple eine Geldbuße in Höhe von 500 Millionen Euro verhängt. Dabei berücksichtigte sie sowohl die Schwere als auch die Dauer des Verstoßes von Apple gegen die Verpflichtungen des Kartellgesetzes. Die Kommission stellte klar, dass Art. 30 Abs. 2 DMA Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens zulässt, so dass die Sanktion in einem angemessenen Verhältnis zu Apples wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit steht.
Gleichzeitig wurde Apple verpflichtet, innerhalb von 60 Tagen alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die vollständige Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen sicherzustellen. Sollte Apple dieser Verpflichtung nicht nachkommen, behält sich die Kommission die Verhängung weiterer Zwangsgelder zur Durchsetzung ihrer Entscheidung vor.
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Meta verstößt mit "Consent or Pay"-Modell gegen DMA
Gemäß Artikel 5 Absatz 2 DMA müssen Gatekeeper die freiwillige Einwilligung der Nutzer einholen, um personenbezogene Daten zwischen Diensten zu kombinieren. Nutzern, die nicht einwilligen, muss ein gleichwertiger, weniger personalisierter Dienst angeboten werden. Diese Anforderung steht in enger Wechselwirkung mit den Anforderungen an eine freiwillige Einwilligung nach Art. 4 Nr. 11 und Art. 7 DSGVO.
Meta hat im November 2023 ein sogenanntes “Consent or Pay”-Modell eingeführt: Nutzer von Facebook und Instagram mussten entweder in die umfassende Datenverarbeitung einwilligen oder ein kostenpflichtiges, werbefreies Abonnement abschließen. Die Kommission stellte fest, dass dieses binäre Wahlmodell nicht den Anforderungen der DSGVO entsprach, da keine spezifische Wahlmöglichkeit für eine weniger datenintensive, aber ansonsten gleichwertige Nutzung des Dienstes angeboten wurde.
Obwohl Meta im November 2024 ein angepasstes Modell vorgelegt hat, das weniger personenbezogene Daten für Werbezwecke nutzt, bezieht sich die heutige Entscheidung ausschließlich auf den Zeitraum zwischen März 2024 und November 2024, in dem das ursprüngliche “Consent or Pay”-Modell galt. Die Prüfung des neuen Modells ist noch nicht abgeschlossen und bleibt ausdrücklich vorbehalten.
EU-Kommission verhängt 200 Millionen Euro Bußgeld gegen Meta
Die Europäische Kommission hat gegen Meta Platforms Inc. eine Geldbuße in Höhe von 200 Millionen Euro verhängt. Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße berücksichtigte die Kommission insbesondere die Schwere und Dauer des Verstoßes gegen die datenschutzrechtlichen Anforderungen des Digital Markets Act. Die Kommission verwies auf die einschlägigen Bestimmungen des Art. 30 DMA, der für Verstöße gegen zentrale Verpflichtungen Bußgelder in Höhe von bis zu 10 % des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens vorsieht. Im Falle von Meta wurde ein Betrag festgesetzt, der die Schwere des Verstoßes, die Anzahl der betroffenen Nutzer sowie die wirtschaftliche Größe des Unternehmens widerspiegelt.
Meta ist verpflichtet, innerhalb einer Frist von 60 Tagen alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die beanstandeten Verstöße zu beseitigen und die Konformität mit den Anforderungen des DMA sicherzustellen. Sollte Meta diese Frist verstreichen lassen oder unzureichende Abhilfemaßnahmen ergreifen, behält sich die Kommission vor, weitere Zwangsgelder zu verhängen. Diese können nach dem DMA auch Tagesstrafen umfassen, um die vollständige Umsetzung der Verpflichtungen sicherzustellen.
Bedeutung der Entscheidungen der EU-Kommission
Die aktuellen Beschlüsse gegen Apple und Meta sind die ersten Entscheidungen wegen Nichteinhaltung der DMA-Verpflichtungen. Sie zeigen die Entschlossenheit der Europäischen Kommission, das neue Regulierungsinstrument wirksam durchzusetzen. Die Entscheidungen unterstreichen auch, dass der DMA unmittelbar durchsetzbare Verpflichtungen schafft und Verstöße empfindliche finanzielle Sanktionen nach sich ziehen können.
Für Gatekeeper und digitale Plattformen bedeutet dies eine klare Aufforderung, Compliance-Maßnahmen proaktiv zu gestalten und frühzeitig den Dialog mit den Aufsichtsbehörden zu suchen. Die Kommission betonte in ihren Ausführungen, dass sowohl Apple als auch Meta umfassende Verteidigungsrechte eingeräumt worden seien, insbesondere durch Akteneinsicht, umfassende Prüfung der Akten und schriftliche Stellungnahmen im Rahmen der Mitteilungen der vorläufigen Beurteilung der Kommission vom 24. Juni und 1. Juli 2024.
Die Kommission wird die Umsetzung der Maßnahmen durch Apple und Meta weiterhin genau beobachten und behält sich vor, weitere Zwangsgelder zu verhängen, falls die vollständige Einhaltung der DMA-Vorgaben nicht innerhalb der gesetzten Frist erreicht wird. Parallel dazu wird die Entwicklung des neuen Anzeigenmodells von Meta weiter beobachtet und auf Konformität mit dem DMA geprüft. Der Ausgang dieser Prüfung ist offen.
Die Durchsetzungspraxis sendet ein klares Signal an alle anderen Gatekeeper und stellt die Weichen für einen stärker regulierten, nutzerzentrierten digitalen Binnenmarkt in Europa.
Quelle: Kommission stellt Verstoß gegen das Gesetz über digitale Märkte durch Apple und Meta fest